Berlin 2.0 / Quitter
24. Januar 2025 | 20:00 – 23:30
Präsentiert von Konglomerat Kollektiv:
Brachiales Drumming, ein massiv drückendes Basslick und kreischende Gitarren – so eröffnet der heißeste Postpunk-Newcomer vom Monte Scherbelino – dem Trümmerberg aus dem 2. Weltkrieg auf dem Birkenkopf Stuttgarts – sein unverschämt souveränes Debütalbum „Scherbenhügel“. Die 2021 gegründeten BERLIN 2.0, um die mit ihrer sonoren Stimme gesegneten Ausnahme-Vokalistin Elena Wolf, liefern damit ein absolutes Highlight ab, unter dessen waviger Oberfläche immer eine nicht von der Hand zu weisende, rohe Punkrockbasis lauert, die sich natürlich auch in den exzellenten deutschsprachigen Lyrics niederschlägt. Hardcore-Versatzstücke vermengen sich mit dem Einfluss von US Deathrock, bergen aber eben auch diese herrliche Pop-Affinität, die die 10 Stücke von „Scherbenhügel“ gleichsam so fordernd und fragil wie dringlich und emotional wirken lassen. Zwar erwachen durchaus wohlige Erinnerungen an Bands wie Xmal Deutschland, II. Invasion, EA 80, Hysterese oder die Terrible Feelings, BERLIN 2.0 definieren auf „Scherbenhügel“ aber meisterhaft ihren ganz eigenen wehmütig-desillusionierten Sound, der einen sofort einfängt und einfach nicht mehr los lässt.
QUITTER ist ein ganzes Sammelsurium an gitarrenzersetzter Elektronik. Effizient, könnte man sagen. Man könnte auch entgegnen, dass Post-Punk im Spätkapitalismus nun mal so ist. Den be- und zersingt der Mainzer Luca Zink auf seiner Debütsingle „Optimierung“ mit kaum überhörbarem Defätismus in der Stimme.
Und dennoch bahnt sich ein Funken Hoffnung den Weg durchs Grau – die Vereinsamung ist noch nicht vollendet, die Optimierung noch nicht total. Was Molchat Doma die Ekstase, was Future Islands die Theatralik ist, ist QUITTER die Widerspenstigkeit. Vorbei an Neuer Neue Deutsche Welle und Dark Wave ist QUITTER kein trendgerecht vorkonfektionierter Hypetrain, der nur noch fährt, wenn die Strecke sich auch lohnt.
QUITTER geht dahin wo‘s wehtut, verletzlich und ergebnisoffen. Der Weg ist das Ziel und die EP „Quietism“ (VÖ 15.11.2024/via Konglomerat Kollektiv) ein erster Zwischenstopp im Niemandsland.
Foto: Natasa Sipka